Auch wenn die Berliner Kinderwunschtage am 07. und 08. März 2020 (vermutlich) aufgrund des Corona-Virus’ ziemlich zusammengeschrumpft waren, gab es einige spannende Vorträge anzuhören.
Einer davon war Die Samenspendetherapie – vom Erstkontakt zum Baby von der Diplom-Ingenieurin in medizinischer Biotechnologie Ann-Kathrin Klym, die als Laborleiterin bei der Berliner Samenbank arbeitet. Seit dem 1. Juli 2018 dürfen auch Singlefrauen Sperma über diese Samenbank beziehen, was ein guter Grund für mich war, mir den Vortrag anzuhören.
Ann-Kathrin Klym beantwortet verschiedene Fragen rund um den Ablauf der Spenderauswahl, erläutert die Kriterien, die ein Samenspender erfüllen muss, um zugelassen zu werden und warum die Kosten für die Proben der Samenspender so hoch sind.
Auch erfahre ich, was ein Spender-Burnout ist, warum eventuell bald Homosexuelle als Spender zugelassen werden könnten und wie bzw. wann man seine Kinder aufklären sollte, wenn sie von einem Samenspender abstammen.
Uns ist die Perspektive der Kinder wichtig, die aus einer Samenspende entstanden sind.
“Die Berliner Samenbank wurde 1999 gegründet und existiert somit über 20 Jahre. Es gibt deswegen auch schon die ersten volljährigen Spenderkinder, die über Spendersamen der Samenbank gezeugt wurden.
Uns ist es ein Anliegen, mit allen Akteuren in Kontakt zu bleiben, natürlich auch mit den Spenderkindern. Deswegen ist uns die Perspektive der Kinder wichtig, die aus dieser Samenspende entstanden sind. Das ist ein ganz wertvoller Beitrag, weil wir so die Perspektive der Betroffenen in unsere Arbeit mit einfließen lassen können.
Seit 1999 sind ungefähr 1.000 Kinder entstanden. Das entspricht circa 50 Kindern pro Jahr, wobei diese Tendenz ansteigend ist und das eher exponentiell. In den letzten Jahren haben viel mehr Personengruppen Samenspenden in Anspruch genommen, was auch damit zusammenhängt, dass wir uns auch für alleinstehende Frauen geöffnet haben. Dadurch gibt es immer mehr Kinder, die durch eine Samenspende entstanden sind.
Es gibt einige juristische Grundlagen, die wichtig für uns sind. Seit 2007 sind wir nach dem Arzneimittelgesetz zugelassen. Das sind die Paragrafen 20 B und C.
Paragraf B regelt die Gewinnung von Gewebe und die Laboruntersuchungen, Paragraf C die Verarbeitung, Lagerung und das Inverkehrbringenden von Gewebe. In gewisser Weise werden Samenzellen wie ein Arzneimittel behandelt. So kann man sicher sein, dass man das “Produkt” bekommt, was die Sicherheit eines Arzneimittels aufweist.
Zusätzlich unterliegen wir dem Transplantationsgesetz. Das heißt: Alle unsere Spender sind nach diesem Transplantationsgesetz getestet und zur Spende freigegeben worden. Die TPG-Gewebeverordnung, die Arzneimittel-Wirkstoffeherstellungsverordnung und, seit 2018, auch das Samenspenderregistergesetz (SaRegG).
Wir als Samenbank bilden die Schnittstelle zwischen allen Beteiligten. Das sind einerseits die Samenspender, die Kinderwunschzentren, die unterschiedlichen Gruppen an Empfängern, die Spenderkinder und alle möglichen Organisationen, die irgendwie mit dem Thema Samenspende zusammenhängen.
Es gibt einmal den Arbeitskreis für Donogene Insemination, der 1996 gegründet wurde, weil es keine staatliche Regulierung gab, die die Arbeit von Samenbanken steuert. Im Arbeitskreis haben sich alle deutschen Samenbanken, die nach dem Arzneimittelgesetz zugelassen sind, zusammengetan, ihre eigenen Richtlinien erstellt und versucht, Qualitätsstandards zu erarbeiten, die auch regelmäßig verbessert werden.
Dann gibt es das DI-Netz. Das ist eine Vereinigung von Familien, die durch Samenspende entstanden sind. Dort kann man nachlesen, wie es Familien geht, die durch eine Samenspendenbehandlung entstanden sind. Auch kann man verschiedene Erfahrungsberichte nachlesen. Wenn man Fragen hat, kann man sich ebenfalls dort hinwenden und schauen, ob man dort eine Antwort auf seine Frage bekommt oder aus den Erfahrungen der anderen schöpfen kann.
Dann gibt es z.B. das Regenbogenfamilien-Zentrum, die sich speziell auf Regenbogenfamilien spezialisiert haben.
Und die alle versuchen wir als Schnittstelle im Auge zu behalten und dahingehend zu vermitteln. Wenn wir sehen, es gibt ein Bedürfnis auf der einen Seite, versuchen wir das an die andere Seite weiterzuleiten und unsere Funktion zu nutzen, dass wir wissen, wer alle Beteiligten sind.
Der prozentuale Anteil der Alleinstehenden steigt stark an.
Die Empfänger der Spendersamen setzen sich zusammen aus ungefähr 50% lesbischen Paaren, 30% heterosexuellen Paaren und 20% alleinstehende Frauen, die wir seit dem Samenspenderregistergesetz vom 1. Juli 2018 auch behandeln. Der prozentuale Anteil der Alleinstehenden steigt stark an.
Eigentlich war es nie verboten, alleinstehende Frauen in Deutschland zu behandeln. Es war allerdings juristisch sehr unsicher, da der Samenspender nicht wirklich vor jeglichen Forderungen geschützt war.
Das Samenspenderregistergesetz stellt sicher, dass jedes Kind, das durch eine Samenspende entstanden ist, auf seine Abstammungsdaten zugreifen kann.
Durch das Samenspenderregistergesetz, an dessen Entstehung wir auch beteiligt waren, wurde ein zentrales Register beim BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) (ehemals beim DIMDI) geschaffen. Dort werden die Spenderdaten für 110 Jahre hinterlegt. Das heißt: Jede auskunftsberechtigte Person, also jedes Kind, das durch eine Samenspende entstanden ist, hat damit potentiell das Recht, mit 16 Jahren auf die Daten des Spenders zuzugreifen.
Damit wurde sichergestellt, dass jedes Kind, das durch eine Samenspende entstanden ist, auf seine Abstammungsdaten zugreifen kann. Dabei ist es immer wichtig, das Kind im Auge zu behalten. Wir empfehlen zu 100% einen offenen Umgang, wie das Kind entstanden ist. Aber das Kind soll selber entscheiden können, ob es die Identität des Spenders erfahren möchte oder nicht.
Es ist immer das Kind, das das Tempo vorgibt.
Es ist ganz wichtig, dass man sein Kind begleitet und schaut: Was braucht das Kind? Es kommt auch vor, dass ein Kind sagt “Jetzt möchte ich wissen, wer der Spender ist” und sobald die Frage formuliert wurde merkt das Kind “Oh, irgendwie ist das gerade doch eine Nummer zu groß für mich”.
Wir hatten beispielsweise mal ein 10-jähriges Kind, das die Anfrage nach seinem Spender gestellt hat. Aber zwei Wochen später kam die Nachricht des Kindes “Ich möchte es gerade doch nicht wissen. Aber es fühlt sich gut an, dass ich es jederzeit erfahren könnte.”
Und es ist ganz wichtig, dass man das Ganze aus der Perspektive des Kindes sieht und sich als Eltern zurücknimmt. Von vielen Eltern erfahren wir, dass es ihnen unter den Nägeln brennt, zu wissen: Wer ist dieser Mann? Aber es ist das Kind, das das Tempo vorgibt.
Es gibt Nachbesserungsbedarf beim Samenspenderregistergesetz.
Das Samenspenderregistergesetz hat viele Vorteile, allerdings auch einige Nachteile. Und es gibt noch viel Verbesserungsbedarf. So gilt es beispielsweise nur für die ärztlich unterstützte künstliche Befruchtung. Das bedeutet: alle Heiminseminationen können dort nicht gemeldet werden. Alle Kinder, die darüber entstehen, haben nicht die Möglichkeit auf dieses staatliche Register zuzugreifen.
Was möglich wäre, aber (noch) nicht vorgesehen ist: Eine freiwillige Meldung von Altfällen. Das heißt, alle Kinder, die durch eine Behandlung vor dem 01.07.2018 entstanden sind, müssen sich an ihre Samenbank wenden. Erst alle Kinder, die nach dem 01.07.2018 entstanden sind, können sich an diese zentrale staatliche Stelle, das BfArM, wenden.
Es gibt also in jedem Fall Nachbesserungsbedarf beim Samenspenderregistergesetz.
Wichtig ist, dass durch das Samenspenderregistergesetz der Ausschluss der rechtlichen Vaterschaft des Samenspenders gewährleistet ist. Er hat also keine finanziellen oder unterhaltsrechtlichen Ansprüche zu befürchten. Es war sehr wichtig, dem Spender eine Schutzposition zu bieten.
Vier Wochen nach der Anfrage erhält die auskunftsberechtigte Person die Daten des Spenders
Die folgende Grafik stellt den Meldefluss dar:
Als Entnahmeeinrichtung gewinnen wir den Samen und versehen diesen mit einer eindeutigen Spendenkennungssequenz. Diese wird mit an das Kinderwunschzentrum gesendet, sodass man eindeutig zuordnen kann, zu welchem Spender die Probe gehört und von welchem Abgabedatum sie ist.
Das Kinderwunschzentrum muss die Patientin vor der Verwendung dieser Probe darüber aufklären, dass ihre Daten – im Falle einer Geburt oder wenn man davon ausgeht, dass ein Kind entstanden sein könnte, sich die Frau aber nicht zurückgemeldet hat – ihre Daten an das BfArM übertragen werden.
Die Frau ist eigentlich in der Pflicht, dem Kinderwunschzentrum zu melden, wenn ein Kind entstanden ist bzw. wenn sie schwanger oder nicht schwanger geworden ist. Wenn ein Kind geboren wurde oder wenn der Behandlungsausgang unklar ist, werden die Daten der Empfängerin an das BfArM gemeldet. Dort lagern diese für 110 Jahre.
Sobald diese Daten beim BfArM eingehen, wendet sich das BfArM an die Samenbank, fragt die Spenderidentität an und diese Spenderidentität wird dann ans BfArM übertragen und dort, zusammen mit den Daten der Empfängerin, für 110 Jahre aufbewahrt. Ab dem Zeitpunkt besteht die Möglichkeit für eine auskunftsberechtigte Person, die Daten zu erfragen.
Wenn später eine auskunftsberechtigte Person eine Anfrage stellt, wird der Samenspender informiert, dass seine Daten freigegeben werden. Vier Wochen nach der Anfrage erhält die auskunftsberechtigte Person diese Daten des Spenders, sodass diese Person eindeutig identifiziert werden kann.
Die Kontaktaufnahme zum Spender sollte behutsam erfolgen
Es ist wichtig, wie man sein Kind darauf vorbereitet, wie und ob es Kontakt aufnimmt. An sich kann es Kontakt aufnehmen, aber natürlich möchte man den Spender auch nicht schocken, sodass es nicht gut wäre, die Adresse des Mannes ausfindig zu machen und dann dort aufzuschlagen.
Stattdessen kann die erste Kontaktaufnahme dezent mit einem Brief erfolgen oder über eine E-Mail, wenn man die Adresse herausfindet, weil der Spender sich in der Zeit auch sein Leben aufbaut, vielleicht seine eigene Familie gegründet hat. Das sollte man bedenken, dass behutsam vorgegangen wird.
Wir versenden deutschlandweit
Wir versenden deutschlandweit an Kinderwunschzentren. Alle Kinderwunschzentren, mit denen wir zusammenarbeiten, haben auch diese Herstellungserlaubnis nach dem Arzneimittelgesetz und nur an diese dürfen wir auch versenden. An normale gynäkologische Praxen ist der Versand leider nicht möglich.
Wie der Versand und die Bearbeitung der Proben erfolgt ist in einem Kooperations- und Verantwortungsabgrenzungsvertrag geregelt. Wir versuchen, das Ganze so klimaneutral wie möglich zu machen; deswegen findet innerhalb der Stadt der komplette Transport nur mit Lastenrädern statt, überland dann klimaneutral.
Das ist so ein Mini-Beitrag dafür, wenn wir Kindern dabei helfen, zu entstehen und dabei auch viel Labor-Müll produzieren.
Sie würden sich als Empfängerin an uns wenden, dann würden wir Ihnen Infomaterial zuschicken und sie bekommen eine Liste, wie alles abläuft.
Man braucht auf jeden Fall ein Kinderwunschzentrum und eine Samenbank. Diese Prozesse sollten gleichzeitig ablaufen, damit Sie sich um einen Samenspender kümmern und sich das Kinderwunschzentrum um die medizinischen Belange kümmert.
Das Kinderwunschzentrum schaut vielleicht, sind die Eileiter durchgängig, macht eine Hormondiagnostik und so weiter. Das ganze sollte parallel laufen, damit man dann, wenn man im Zyklus starten möchte, bereits einen Spender ausgewählt hat.
Es gibt kein Gesetz, das vorschreibt, wie die Spender sein müssen
Wir verfügen über ein Potential von ungefähr 150 Spendern, das schwankt etwas. Die Tendenz derjenigen, die als Spender geeignet sind, ist stark rückläufig.
Wer sind die Samenspender überhaupt? Das ist die große Unbekannte. Als ich vor neun Jahren in der Samenbank angefangen habe, zu arbeiten, waren für mich die Fragen:
- Sind das Leute, die einfach so von der Straße kommen?
- Kommen die nur ein Mal zum Spenden?
- Was sind das für Männer?
- Machen die das nur des Geldes wegen?
Das sind Fragen, die sich in den letzten neun Jahren für mich geklärt haben.
Manche Spender leiden unter dem “Spender Burnout”
Es gibt kein wirkliches Gesetz, das vorschreibt, wie die Spender sein müssen. Aber der Arbeitskreis für Donogene Insemination hat sich Empfehlungen zur Spenderauswahl überlegt.
Der Spender sollte volljährig und jünger als 40 Jahre alt sein. Wir haben bei der Berliner Samenbank eine Altersspanne von 20 bis 38 Jahre. 18 Jahre als volljährig erscheint uns ein bisschen jung. 20 Jahre ist zwar auch noch sehr jung, aber die 18-Jährigen wollen wir noch nicht gleich involvieren, weil der ganze Prozess der Samenspende mit einem hohen psychischen Aufwand verbunden ist.
In England ist das Phänomen Samenspende sehr gut erforscht und da gibt es den wissenschaftlichen Begriff “Spender Burnout”: Wenn also später die Kinderanfragen auf den Spender zukommen, kann der Spender das ganze psychisch und emotional gar nicht händeln. Deswegen ist eine 18-jährige Person vielleicht noch nicht ganz in der Lage abzuschätzen, was das für Konsequenzen haben kann.
Wir versuchen dem vorzubeugen, indem wir die Samenspender gut aufklären, indem wir ihnen nahelegen, ein psychologisches Beratungsangebot für sich selbst in Anspruch zu nehmen, weil er dann doch unter ziemlichen Druck geraten kann.
Da gibt es einige Männer, die abspringen, wenn wir ihnen sagen, dass es ziemlich stressig werden kann. Sie schieben das vielleicht jetzt von sich weg, aber in 20 Jahren kommen die Kinder, und dann ist der Zeitpunkt da, wo bis zu 15 Kinder hinzukommen können. Damit muss man umgehen können, neben den eigenen Kindern, die man selbst auch noch hat und der Familie.
2019 gab es nur 4% geeignete Spender
Dann sollte der Spender in guter körperlicher und seelischer Verfassung sein, frei von übertragbaren Erkrankungen – welche das sind, sind in der TPG-Gewebeverordnung festgelegt –, freiwillig und nicht aus Not heraus spenden. Außerdem sollte er keiner Risikogruppe angehören. Das würde, per Definition, Homosexuelle ausschließen.
Aber der Arbeitskreis Donogene Insemination überlegt, dieses Kriterium aus den Empfehlungen rauszunehmen, weil sie mittlerweile 25 Jahre alt sind.
Statistisch ist es zwar so, dass in Risikogruppen bestimmte Erkrankungen wie HIV und Hepatitis häufiger vorkommen. Aber wir führen bei jeder Spende auch eine Blutuntersuchung durch, und nur die Proben, die 100% infektionsfrei sind, werden auch freigegeben. Das heißt: man müsste die Sicherheit dieser Bluttests anzweifeln, sodass ich persönlich auch nicht hinter diesem Punkt stehe und der Arbeitskreis aus diesen Gründen überlegt, ihn aus den Empfehlungen rauszunehmen.
Die Proben, die man von einer offiziell zugelassenen deutschen Samenbank bzw. von einer aus der EU erhält, sind auf jeden Fall infektionsfrei.
Dann ist es ganz wichtig, die biologische Eignung der Spermien zu überprüfen. Von 100 Männern, die wir screenen, sind circa acht geeignet, was 8% entspricht. Davon springen vielleicht noch zwei ab, und am Ende hat man sehr wenige. Für das Jahr 2019 sind wir sogar nur auf 4% geeignete Spender gekommen. Das heißt: Jeder einzelne Spender ist enorm wichtig und wertvoll, weil andererseits die Anfrage auch stark ansteigt.
Dabei ist es so, dass die Qualität der Samenzellen abnimmt. Wir können das durch Quantität ausgleichen.
Jeder einzelne Spender ist extrem wertvoll
Brauchte man beispielsweise vor 15 Jahren drei Straws, also Halme mit Sperma, um auf die entsprechende Qualität zu kommen, sind es heute vier bzw. fünf. Es ist auf jeden Fall sichergestellt, dass jede Empfängerin immer die beste Qualität bekommt, aber wir müssen diese mangelnde Qualität auf sehr hohem Niveau durch Quantität ausgleichen.
Und das muss sich dann auch irgendwann in den Kosten niederschlagen, weil man doppelt so viel Material stellen muss, um auf die Qualität zu kommen. Das soll zeigen, wie wertvoll jeder einzelne Spender geworden ist.
Wir sammeln von jedem Spender die Motivationen zur Samenspende, und diese reichen von egoistischen bzw. finanziellen Motiven, bis hin zu altruistischen Motiven. Es gibt auch ein paar Spender, die wollen gar keine Aufwandsentschädigung; sie machen das, weil sie zum Beispiel in der Familie oder im Freundeskreis ungewollte Kinderlosigkeit erlebt haben.
Dann geben ein paar an, dass sie des Geldes wegen spenden. Das ändert sich aber oft während der Spendertätigkeit. Der Spender kommt für ein bis zwei Jahre, ein bis zwei mal pro Woche zu uns, und in der Zeit lernen wir ihn sehr gut kennen, und er ändert seine Perspektive aufs Spendersein.
Am Anfang mag das schon reizvoll zu sein, 80€ pro Spende zu bekommen. Aber nach und nach ändert sich die Einstellung, sodass die meisten, die am Anfang als Motiv “Geld” angegeben haben, dann auch sagen “Natürlich ist es weiterhin schön und wichtig, aber ich würde es nicht machen, wenn ich nicht auch den Aspekt des Helfens dabei sehen würde.”
Die meisten Samenspender wollen Gutes tun
Wenn man das ganze statistisch auswertet ist es so, dass ungefähr ein Drittel der Männer wegen der Vergütung Spender werden und der Rest, weil er helfen möchte, Gutes tun möchte. Bei ein paar ist die Motivation, dass sie ihre Gene weitergeben möchten oder andere sagen, sie sind einfach neugierig. Aber an sich wollen die meisten Spender Gutes tun.
Neben dieser Motivation sammeln wir immer noch Nachrichten an die potentiellen Spenderkinder. Da kommen auch immer total schöne Sachen dabei heraus. Von jedem Spender, den man sich selbst auswählen würde, kann man diese Nachricht auch bekommen – wenn man das möchte. Manche möchten einfach nur klare Informationen haben, wie eine Augenfarbe, eine Größe oder einen Beruf und nichts von dieser charakterlichen Selbsteinschätzung. Aber es ist auf jeden Fall möglich, das zu bekommen.
Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, seinen Spender zu finden
Wie findet man seinen Spender? Da gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Entweder, man erstellt online schonmal eine Vorauswahl oder man lässt sich individuell durch unser Team eine Vorauswahl erstellen.
Das Feedback der Empfänger sagt, dass die zweite Variante eigentlich die bessere ist, dass man die menschliche Komponente mit einbezieht und man eine Anfrage an uns stellt und wir dann im Team eine Vorauswahl erstellen.
Man kann sich online einen kleinen Überblick über die Spender verschaffen, weiß aber auch nicht, ob sie verfügbar sind. Es ist so, dass manche nur in Reservierung verfügbar sind, manche noch in Quarantäne sind, manche gerade aufgebraucht sind. das heißt: wenn man sich online durchklickt, “verliebt” man sich vielleicht in einen Spender und am Ende ist er nicht verfügbar.
Aus meiner Perspektive würde ich deswegen die zweite Variante bevorzugen. Da ist es so, dass man als Empfänger alle Kriterien an uns einreicht, die einem wichtig sind, und wir würden eine Vorauswahl erstellen.
Online kann man sich einen Überblick über die Spender verschaffen, aber wirklich empfehlenswert ist es nicht, weil wir wirklich diese Erfahrung einfließen lassen können, dass wir die Spender auch persönlich kennen. Trotzdem kann man online eine Anfrage stellen und würde den Verfügbarkeits-Status zurückbekommen.
Die zweite Variante sieht so aus, dass die Empfängerin alles angibt, was ihr wichtig ist. Das können Fotos sein, die man einreicht, es kann auch sein, dass manche sagen, sie wollen eine Auswahl erhalten, die so groß wie möglich und durch nichts eingeschränkt ist. Anderen wiederum ist die Bildung wichtig.
In Onlinedatenbanken kann man herausfinden, ob das Kind genetisch mit einem verwandt ist
Das ist immer ganz individuell und wird sich auch im Laufe des Auswahlprozesses herausstellen, was ihnen besonders wichtig ist. Manchen ist es auch peinlich, etwas zu schreiben, sodass sie sagen, sie wollen einen tollen Mann. Aber das ist ja irgendwie klar, dass man einen tollen Spender für sein Kind möchte.
Wenn man seine ganzen Kriterien eingereicht hat, bekommt man eine Spendervorauswahl.
Diese beinhaltet zunächst die Spender-ID und die Blutgruppe. Die Blutgruppe hat eigentlich keinen medizinischen Wert. Das ist eher historisch begründet, da wir vor 20 Jahren hauptsächlich heterosexuelle Paare hatten und man zur der Zeit noch nicht empfohlen hat, die Kinder offen zu erziehen. Damals haben die Paare eher die Blutgruppe des Mannes gewählt, damit es nicht sofort aufgefallen ist, dass das Kind genetisch nicht vom Mann abstammt.
Aber mittlerweile ist es bei Onlinedatenbanken wie Myheritage oder Ancestry so, dass man ohnehin herausfinden würde, dass das Kind genetisch nicht mit einem verwandt ist.
Auch der Rhesusfaktor der Empfängerin ist nicht wirklich relevant. Bei einer Rhesus-negativen Frau würde man eine Rhesus-Prophylaxe machen, wenn sie sich einen Rhesus-positiven Spender auswählt.
CMV kann in der Schwangerschaft zu einem Risiko für das Ungeborene werden
Was wir anbieten ist die Angabe des CMV-Wertes. Das ist der Cytomegalie-Virus und gehört zu den Herpesviren. Ungefähr 50-60% aller Menschen sind damit infiziert. Für einen normalen erwachsenen Mann ist es komplett ungefährlich. Man sollte sich aber nicht in der Schwangerschaft mit diesem Virus infizieren, weil das das Kind schädigen oder zu einer Fehlgeburt führen könnte.
Deswegen empfehlen wir CMV-negativen Empfängerinnen, also Frauen, die noch nie eine Infektion mit diesem Virus hatten, auch einen CMV-negativen Spender zu nehmen. Es ist allerdings so, dass die CMV-positiven Spender nicht unbedingt die Viren im Ejakulat haben, sondern vor 20 Jahren vielleicht eine Infektion hatten, seitdem Antikörper haben und das Ejakulat virenfrei ist.
Man muss nicht unbedingt als CMV-negative Frau einen CMV-negativen Spender auswählen, weil es auch die Auswahl für einen einschränkt. Es kann sein, dass man dadurch nur drei passende Spender angezeigt bekommt.
Aber wenn man sagt, man nimmt auch noch die CMV-Positiven dazu, werden vier weitere angezeigt, und vielleicht ist genau unter diesen CMV-positiven Spendern der, zu dem man sich am meisten hingezogen fühlt.
Dann sollte man sich nochmal vom Arzt über die minimalen Risiken aufklären lassen, die damit verbunden sein könnten. Aber man kann auch als CMV-negative Empfängerin einen CMV-positiven Spender wählen.
In der Spalte “frei” wird die Verfügbarkeit angegeben. Das ist wichtig zu wissen, weil mein nicht immer gleich bei der ersten Behandlung schwanger wird. Und wenn man sich jemanden aussucht, der nur noch zwei Proben hat, kann man die zwar verwenden und hoffen, dass es innerhalb dieser zwei Versuche klappt. Wenn man aber noch ein Geschwisterkind vom selben Spender haben wollen würde, wäre es problematisch, weil das dann nicht möglich wäre.
Alle mit F gekennzeichneten haben noch ausreichend Proben vorhanden, sodass man sie gegebenenfalls noch für Geschwisterkinder reservieren und die Proben in zwei, drei, vier Jahren für die Planung eines Geschwisterkindes verwenden könnte. Plant man im Moment keine Geschwisterkinder ist das nicht unbedingt ein wichtiger Faktor, aber es ist wichtig zu wissen: von diesem Spender gibt es nur noch wenige Proben. Und wenn ich jetzt noch zwei Monate warte, sind diese Proben eventuell schon an jemand anderen vergeben.
Dann haben wir Angaben zu den Äußerlichkeiten, also Augenfarbe, Haarfarbe, Größe, Gewicht und Körperbau, sowie Angaben über seine Herkunft, also die ethnische Herkunft, wo er von seinen Genen herkommt. Damit gemeint ist nicht seine Staatsbürgerschaft. Auch mit angegeben werden der Beruf und die Hobbys.
Die Spenderauswahl ist immer eine Mischung aus Kopf- und Bauchgefühl
Oft ist es so, dass sich nach dem Scannen dieser ersten Angaben schon ein paar herauskristallisieren, an denen man Interesse hat, einige wiederum fallen weg. Manchmal wegen ganz objektiver Kriterien, dass er zum Beispiel zu klein ist, irgendetwas an ihm unsympathisch ist oder es einfach nicht passt.
Diese Spenderauswahl ist immer eine Mischung aus Kopf- und Bauchgefühl. Manchmal schließt man einen Spender aus, weiß aber gar nicht warum aber irgendwie passt er einfach nicht.
Manche entschließen sich an dieser Stelle schon für einen Spender. Für andere ist es wichtig, dass man noch eine charakterliche Selbsteinschätzung bekommt. Wenn man die haben möchte, kann man sie von den Favoriten anfordern. Das sind alles Informationen, die die Spender für sich selbst gemacht haben.
95% der Empfängerinnen finden einen Spender
Die Kriterien, die wir für die detaillierte Liste der Spender erhoben haben, haben wir mithilfe der Spenderkinder ausgewählt. Wir haben die Spenderkinder, die es schon gibt gefragt: Was wäre wichtig zu wissen? Und das sind Angaben, die aus Perspektive der Spenderkinder wichtig sind. Deswegen haben wir genau diese Fragen und noch viele andere gestellt. Man könnte auch jederzeit noch mehr Informationen bekommen.
Wenn man das alles durchgelesen hat, kristallisiert sich meistens sehr schnell heraus, zu wem man einen Zugang hat und wo man sagt “Das geht gar nicht”, obwohl man vorher gedacht hat, der würde passen. Letztlich ist es so, dass 95% aller Empfängerinnen auch einen Spender finden.
Wenn man sagt, man findet keinen passenden Spender und es ist niemand dabei, der einem gefällt, wäre das ganze unverbindlich und kostenlos. Erst zu dem Zeitpunkt, wo man sagt, man möchte gerne Proben von Spender X zu einem bestimmten Datum, erst dann würden Kosten entstehen.
Für die Aufklärung des Kindes eignet sich die Wickeltischmethode
Für einen späteren Zeitpunkt gibt es sehr viel Aufklärungsliteratur für Spenderkinder, die dabei helfen zu erklären, wie man entstanden ist. Man sollte so früh wie möglich damit beginnen.
Es gibt die sogenannte Wickeltischmethode, bedeutet, dass man als Erwachsener mit dem Säugling redet und über den Spender spricht. Das dient in dem Stadium noch nicht dazu, das Kind zu informieren, sondern für sich selbst einen guten Umgang und eine Wortwahl zu finden und Unsicherheiten auszumerzen, sodass es für einen als Erwachsenen auch ganz normal wird.
Die Erfahrung zeigt, dass es für die Kinder ganz normal ist, wenn sie von Anfang vermittelt bekommen, das ist total normal und wir sind uns als Familie unserer Sache sicher. Da ist es gut, sich so früh wie möglich damit auseinanderzusetzen.
Wir haben auch Paare, die sich an uns wenden und sagen “Jetzt wird das Kind vier, und wir wollen langsam anfangen, aber wir wissen gar nicht wie.”
Im normalen Familienalltag geht es oft unter, wie das Kind entstanden ist, da hat man andere Probleme, als dem Kind zu erklären, wie es entstanden ist. Deswegen empfehlen wir, das immer einfließen zu lassen. Oder man lässt das Aufklärungsbuch herumliegen und schaut, was das Kind damit macht.
Wenn das Kind das Buch irgendwann greift, kann man diese Situation nutzen und dem Kind erklären, dass es verschiedene Arten gibt, wie Kinder entstehen können. “Und du bist auf diese Art entstanden” und kann dadurch auch hervorheben, wie besonders das Kind dadurch ist. Das stärkt das Kind auch, wenn seine Eltern sich das Kind ganz besonders doll gewünscht haben. Hierfür gibt es verschiedene Bücher in unterschiedlichen Sprachen, die einem dafür hilfreich sein können.”
(Letztes Update 14. Dezember 2022)