Weil nicht alle Frauen, die sich ein Kind alleine wünschen, hören oder nur eingeschränkt hören können, werde ich einige Folgen meines Podcasts auch als Artikel aufbereiten. Den Anfang macht die Folge mit Katrin, die als Solomama unter https://solomamaherz.de von ihrem Alltag mit Kind berichtet. Nachhören kannst du das Interview auch auf einem der verschiedenen Podcast-Portale – nachlesen kannst du es hier.

Du bist ja auch Single Mom by Choice, Solomutter. Ich habe ehrlicherweise immer ein Problem damit zu sagen ich bin eine Single Mom by Choice. Ja, okay, ich bin Single Mom, das stimmt schon. Aber by Choice? Meine erste Wahl war es nicht. Deswegen variiere ich zwischen alleinerziehend oder Solomama bzw. Solomutter. 

Wie nennst du dich und wie nennst du deine Familienform?

Ich bin fast auf den Tag genau vor drei Jahren Solomama geworden, hab einen ganz tollen kleinen Sohn. Bin echt überglücklich, dass ich den Mut hatte, mich für diesen Weg zu entscheiden, und das ist vor allem auch geklappt hat. Und ja, ich kann alle nur ermutigen, dich sich mit dem Gedanken tragen, auch Solomutter zu werden. Und damit habe ich auch implizit deine Frage schon beantwortet.

Ich sage tatsächlich am ersten Solomama, aber ich füge in 99 Prozent der Fälle eine Erklärung hinzu. Ich sage dann sowas wie: Ich bin Solomama. Das heißt, ich habe mein Kind über Samenspende bekommen. Oder ich sage: Ich bin Solomama, und mein Sohn hat einen Spender-Papa. Das kommt tatsächlich immer so ein bisschen drauf an, mit wem ich rede.

Aber ich habe das Gefühl, wenn ich jetzt einfach nur Solomama sagen würde, würde das den meisten Leuten ehrlicherweise gar nicht wirklich viel sagen. Also weder die Begriffe Solomama noch Solomutter noch Single Mom by Choice haben, meiner Meinung nach, in der Bevölkerung – zumindest hier in Deutschland – schon irgendwie so einen Bedeutungshintergrund, dass die Leute beim ersten Hören gleich wissen, was damit gemeint ist. Jedenfalls zumindest die breite Masse nicht und deswegen gibt es bei mir immer so eine Erklärung hinten dran.

Den Begriff Single Mom by Choice finde ich ehrlicherweise auch echt ein bisschen unglücklich. Es war auch bei mir nicht die erste Wahl. Ich hätte mir tatsächlich schon eher ein bisschen den klassischen Weg gewünscht. Ja, gut, war halt nicht, musste ich mir halt was anderes überlegen.

Aber diese Single Mom by Choice  kommt natürlich auch eher aus dem internationalen Sprachgebrauch, wo dieses Thema Solomutter werden ja sehr viel verbreiteter und auch schon etablierter ist als in Deutschland.

Ich hab aber tatsächlich auch die Erfahrung gemacht, wenn ich jetzt irgendjemandem sage,  ich bin Solomama und erkläre das, dann kommt oft so als Reaktion “Ah, ich wusste gar nicht, dass das so heißt”, oder “Ah, das ist damit gemeint.”

Aber wir können ja daran arbeiten, dass es dann halt eher Solomama als Single Mom by Choice wird.

Das ist doch mal ein Plan! 

Jetzt ist es ja so, dass wir aktuell in einer Ausnahmesituation sind Stichwort Corona. Bei mir war es so: Die ersten 14 Tage mit meinem Sohn alleine im Homeoffice – wenn man davon überhaupt reden kann, das man Homeoffice machen kann – und Kinderbetreuung ging eigentlich ganz gut. Aber in der dritten Woche habe ich schon bei mir gemerkt, da liegen immer mal wieder die Nerven blank, weil ich das Gefühl habe, ich muss so viel noch parallel schaffen, was ich nicht so wirklich hinbekomme. 

Wie ist denn das bei dir? Und wenn du, gerade auch im Hinblick auf dieses du bist jetzt komplett alleinerziehend und auch komplett alleinverantwortlich, einmal schaust was sind für dich die Vorteile? Und was sind für dich die Nachteile in dieser Konstellation?

Also du und ich, wir sind ja alleinerziehend. Das heißt, wir müssen uns ganz alleine um unser Kind und unser Leben kümmern. Ich finde, alleinerziehend klingt oft so simpel. Das klingt halt so, ja, gut, ich muss arbeiten. Und ja, gut, ich muss irgendwie was fürs Kind kochen.

Aber es geht ja nicht nur darum, mal einkaufen zu gehen, mal zu kochen und die Spülmaschine auszuräumen, sondern das betrifft ja alles andere drumherum.

Das betrifft die Arbeit. In meinem Fall ist es so, dass ich Vollzeit arbeite. Das betrifft die Finanzen um die man sich kümmern muss. Das betrifft die Altersvorsorge, das betrifft Versicherungen, das betrifft die Gesundheitsvorsorge, Termine, alles, was da irgendwie zu tun hat.

Das betrifft auch solche Sachen, wie mal Urlaube planen, recherchieren, buchen, die Wohnung in Schuss halten, mal was renovieren, Möbel zusammenbauen, Regalbretter anbohren. Es betrifft ja wirklich im Prinzip das komplette Leben, das wir als Solomamas irgendwie wuppen müssen.

Es gibt auch keinen Ex-Partner, der irgendwie unter die Arme greift, also einen Kindsvater, der sich im Idealfall mal um das Kind kümmert, um dieses ganze Leben auf die Reihe zu kriegen.

Für das, was ich gerade genannt habe, muss man sich extrem gut organisieren und auch an einen recht straffen Zeitplan halten. Und das heißt bei mir zum Beispiel, dass ich um 6 Uhr 30 aufstehe und gegen ein Uhr nachts ins Bett gehe und dazwischen auch keine Zeit habe, um mal irgendwie entspannt irgendwas zu machen, was man gemeinhin als Freizeit bezeichnen würde.

Also, ich bin die ganze Zeit am Organisieren. Ich halte mich immer noch so einigermaßen über Wasser. Aber die erste Woche Homeoffice war wirklich echt der blanke Horror. Es war alles noch so unübersichtlich. Wir hatten neue Kommunikationstools auf den Rechnern. Das Projekt, was ich zu dem Zeitpunkt noch hatte, war ziemlich zeitkritisch. Ich musste haufenweise Mails schreiben, hatte aber eigentlich die ganze Zeit irgendwie Kinderbeschäftigung und Versorgung zu leisten.

Das heißt, ich habe im Prinzip tagsüber irgendwie so mit einem Auge auf die Mails geschielt und halt mal geguckt, Oh, Gott, geht da jetzt irgendwas so richtig den Bach runter? Oder hab dann im Notfall mal irgendwie eine rasche Antwort irgendwo getippt. Also irgendwie beim Kochen oder im Aufzug oder was auch immer, mein Sohn ist dann so um 22 Uhr eingeschlafen.

Und dann habe ich angefangen, im Eiltempo irgendwie die ganzen Mails zu beantworten und das dann wirklich bis zwei Uhr nachts. Das dann die ganze Woche, das war wirklich echt der totale Hammer und ich hatte irgendwie das Gefühl, kurz vorm Herzinfarkt zu stehen.

Und dann war es zum Glück so, dass dieses Hauptprojekt verschoben wurde. Die zweite Woche war echt entspannter. Aber was hat die aktuelle Situation trotzdem super anstrengend macht? Es sind die fehlenden Sozialkontakte, gerade auch für den Kleinen, der die Kinder aus seiner Kita wieder sehen will. An jedem Spielplatz gibts fast Tränen, weil er nicht drauf darf und natürlich auch keine Kinder.

Seine Omi holt ihn normalerweise einmal die Woche ab, was für mich natürlich auch eine super Erleichterung ist. Aber das geht jetzt nicht mehr. Dann hatte er letzte Woche auch noch Geburtstag. Wir haben wochenlang vorher wirklich überlegt, wen er dann alles einladen kann und wie wir feiern. Und jetzt musste er mit mir vorlieb nehmen. Wir haben alleine gefeiert.

Es ging alles, haben auch ganz viele Kita-Kinder Glückwunsch-Videos geschickt. Also, alles okay. Aber es ist halt trotzdem nicht so richtig cool. Wir klucken 24 Stunden am Tag aufeinander, und das ist anstrengend.

Aus all diesen genannten Gründen hat er eben überhaupt keinen Bock, sich dann auch noch alleine irgendwo hinzusetzen und selbst zu beschäftigen. Nee, ich muss halt permanent irgendwie für Programm oder Ablenkung sorgen, um mal eine ruhige Minute für die Arbeit zu haben. Das ist schon eine echte Herausforderung, und wenn ich mir überlege, dass das jetzt noch zwei Wochen so geht, mindestens. Halleluja!

Nichtsdestotrotz gibt es natürlich auch umgekehrt positive Seiten. Ich genieße es schon sehr, dass wir jetzt viel mehr Zeit miteinander verbringen. Gerade bei der getakteten Zeit, die wir sonst so haben, und bei einem Vollzeitjob. An einem normalen Tag unter der Woche sehe ich ihn wirklich gar nicht so viel. Das genieße ich momentan schon total.

Es entschleunigt mich auch tatsächlich, dass ich jetzt durch die wegfallenden Wege nicht mehr so einen Zeitdruck habe. Das ist auf jeden Fall besser. Und es sind ja auch viele Projekte verschoben worden, sodass die Arbeitsbelastung an sich auch weniger geworden ist und ich so in Mini-Schritten mal dazu komme, auch zuhause Sachen zu erledigen, die sonst immer liegenbleiben. Und wenn es halt nur die zwei Bilderrahmen sind, die man schon ewig mal irgendwie an nageln wollte. Das sind so Sachen.

Ich sage mal zu dieser 24 Stunden, sieben Tage die Woche Bereitschaft, gerade als Mutter, als alleinerziehende, alleinverantwortlich Mutter, ohne die Möglichkeit, das Kind vielleicht auch in die Kita zu geben, da möchte ich gerne einmal den Vorwurf in den Raum werfen, der öfter mal geäußert wird – meistens von Männern. Ein Kind zu bekommen, ganz alleine als Single, ist wahnsinnig egoistisch. 

Das ist mir persönlich noch nie begegnet. Aber im Bereich Social Media, in Kommentaren oder so, ist das ein recht typischer Vorwurf. Für mich ist es dann so okay. Ich ignoriere das, weil die Person hat sich nie wirklich mit mir auseinandergesetzt, nicht mit meiner Situation. Die sagt einfach irgendwas. 

Aber es kann natürlich trotzdem sein, dass es einen trifft. Und es kann auch sein, dass man sich selber darüber ja auch schon Gedanken gemacht hat. 

Wie gehst du mit so einem Vorwurf um? Das ist aber ganz schön egoistisch, allein ein Kind zu bekommen.

Ich glaube, dass gerade dieser Punkt Egoismus für ganz, ganz viele Frauen ein Knackpunkt ist, die sich eben mit diesem Thema beschäftigen. Ich habe diese Frage sehr, sehr, sehr intensiv gestellt, vorher – interessanterweise, aber überhaupt nicht mit Blick auf die Gesellschaft, sondern tatsächlich im Hinblick auf mein Kind.

Wenn er dann Teenager ist und ganz doll Liebeskummer hat, dann macht er mir vielleicht Vorwürfe und sagt “Nur weil du so egoistisch warst und unbedingt ein Kind haben wollen bin ich jetzt auf der Welt und muss leiden”. Ich habe mir dann eher solche Sachen vorgestellt.

Aber ich hoffe einfach mal, dass ich darauf das beste aller Argumente habe, nämlich dass ich mir diesen kleinen und dann natürlich großen, tollen Jungen so sehr von ganzem Herzen gewünscht habe, dass ich dafür diesen Weg auf mich genommen habe und dass ich einfach so viel zu geben habe, so viel Liebe, so viele Werte, dass ich ihm die Welt zeigen und ihm auch ein fantastisches Leben ermöglichen will und wollte.

Und dass ich das ehrlicherweise nicht als egoistisch empfinde. Es liegt halt auch in unserer Natur, das zu wollen. Wenn du in einer Beziehung Kinder kriegst, dann wirft dir das hinterher auch keiner vor, dass du so egoistisch warst und Kinderkriegen wolltest.

Das heißt, für mich habe ich das auf dieser persönlichen Ebene gelöst.

Wenn du sagst, dass solche Phrasen tatsächlich eher von Männern kommen, dann könnte ich jetzt natürlich, wenn ich böse wäre, sagen, die haben vielleicht Angst, dass sie irgendwann abgeschafft werden, in Anführungsstrichen, wenn sich Frauen “nur” wegen eines Kinderwunsches eben nicht mehr mit einer schlechten Beziehung zufrieden geben, sondern lieber ein gutes Leben als Solomama wählen.

Größer gefasst meinen diese Leute vielleicht aber auch, dass diese Entscheidung egoistisch gegenüber der Gesellschaft ist, weil sie meinen, dass man irgendwelche Unterstützung bekommt, die anderen vielleicht auch angeblich nicht zusteht? Oder dass man irgendwie das Sozialsystem ausnutzt oder was auch immer.

Aber dazu muss man zum einen sagen, sich für den Weg als Solomama zu entscheiden, ist in allererster Linie ja erstmal die Entscheidung zu einer möglicherweise monatelangen Kinderwunschbehandlung, die sehr teuer werden kann. Und die Kosten dafür werden nicht von der Krankenkasse oder so übernommen. Das ist nur der erste Schritt.

Wenn das Kind dann da ist, gibt es ja vom Staat keinerlei Unterstützung. Es ist ja auch nicht so, dass man jetzt sagen könnte, wir nutzen das Sozialsystem aus. Es gibt Kindergeld, klar, das ist aber, wie der Name schon sagt, eine Unterstützung fürs Kind und steht jedem Kind in Deutschland zu, unabhängig davon, wie es entstanden ist.

Aber sonst gibt es einfach mal rein gar nichts. Und wenn es noch mal ein bisschen überspitzt sagen darf: Wenn ich mich statt dieses direkten, geradlinigen Wegs über die Samenspende, wenn ich mich dazu entschieden hätte, auf Pirsch in der örtlichen Kneipen- und Clubszene zu gehen und, sagen wir mal, den erstbesten willigen Mann für meine Pläne ausgenutzt hätte, der dann wahrscheinlich auch nicht mal davon erfahren hätte, dass er Vater ist – was ja auch schon relativ ungerecht ist – dann würde ich aber tatsächlich vom Staat Unterhaltsvorschuss bekommen, weil der Staat davon ausgeht “Okay, es gibt einen Vater, der ist irgendwo vorhanden, den könnten wir theoretisch ermitteln”.

Also, gibt es Unterhaltsvorschuss vom Staat, bis wir ihn uns vom Kindsvater zurückholen.

In unserem Fall ist es so: Es gibt keine Rechte, keine Pflichten gegenüber dem Spender. Es ist natürlich ganz klar, dass man von dem nichts zurückholen kann. Also gibt’s auch keine Unterstützung. Das ist ja grundsätzlich okay. Wir wussten vorher, worauf wir uns einlassen, und wir haben uns da ja offenen Augen entschieden.

Aber wenn man es auf eine etwas linke Tour machen würde, würde man also tatsächlich auch noch etwas Finanzielles obendrauf bekommen.

Und zu guter Letzt ist auch ein ganz wichtiger Punkt: als Alleinerziehende mit Kind bin ich in Steuerklasse II. Ein Alleinverdiener mit Hausfrau zu Hause, ist in Steuerklasse III und zahlt bei identischem Einkommen sogar 3.000 Euro weniger Steuern. Das habe ich mir jetzt irgendwie ausgedacht, das weiß ich deshalb, weil Natascha Wegelin alias Madamemoneypenny vor Kurzem eine Großaktion ins Leben gerufen hat, wo sie genau auf diesen Umstand aufmerksam gemacht hat.

Da ist mir ehrlicherweise die Kinnlade runtergefallen, weil mir das vorher nicht wirklich bewusst war, und ich finde, dass das mal so eine richtige Sauerei ist. Dass also die Alleinerziehenden auch noch mehr Steuern zahlen als kinderlose Paare.

Das ist natürlich nichts gegen kinderlose Paare, auch das kann ja ein nicht selbst gewähltes Schicksal sein. Aber dass es da nicht mal irgendwie eine Änderung der Steuergesetzgebung gibt, das ist schon echt ein Hammer.

Deswegen zusammengefasst: Nee, ich empfinde es keineswegs als egoistisch, Solomama zu werden, weder auf persönlicher Ebene noch gegenüber der Gesellschaft oder was auch immer. Ganz im Gegenteil, wir versuchen halt irgendwie trotzdem irgendwie, unseren Kindern alles recht zu machen.

Wir versuchen, unserem Arbeitgeber alles recht zu machen. Wir lassen uns nicht einfach krankschreiben und irgendwie aus dem Rennen nehmen, damit wir nur noch eine dieser Belastungen haben. Wir machen beides. Und das, wie gesagt, nicht nur jeden Tag, sondern auch und vor allem jetzt in so einer Extremsituation.

Du hattest es vorhin schon mal angesprochen und gesagt, dass du in Vollzeit arbeiten gehst und dein Sohn auch gar nicht so oft siehst, wie du das gerne würdest. Da gibts jetzt natürlich ein paar Leute, die sagen “Wieso hast du denn dann ein Kind bekommen, wenn du in Vollzeit arbeiten gehst?”

Du hast aber gesagt, dass man als Alleinerziehende sowieso schon deutlich weniger Geld hat, steuerlich benachteiligt ist, gerade auch im Gegensatz zu einem verheirateten Paar. Das heißt, da ist man ja insgesamt ein bisschen in der Zwickmühle. Einerseits möchtest du vielleicht arbeiten. Andererseits möchtest du auch ein bisschen Zeit mit deinem Kind verbringen.

Würdest du sagen, das ist für dich eine gute Entscheidung und vor allen Dingen auch eine bewusste Entscheidung war, dass du in Vollzeit arbeitest? Und hast du vielleicht trotzdem manchmal ein schlechtes Gewissen?

Warum habe ich ein Kind bekommen, wenn ich dann doch wieder Vollzeit arbeiten gehe? Das ist natürlich grundsätzlich erstmal eine berechtigte Frage.

Wenn ich jetzt allerdings mal so kurz wirken lasse, ist ja eigentlich verkehrt herum gestellt.

Ich habe das Kind ja nicht bekommen mit dem Plan, anschließend wieder Vollzeit arbeiten zu gehen. Ich habe das Kind bekommen, weil es mein allerallerallergrößter Wunsch im Leben war. Ich wollte ein Baby bekommen. Ich wollte wissen, wie es sich anfühlt, schwanger zu sein. Ich wollte die Geburt erleben. Ich wollte so einem kleinen Menschlein das Leben schenken und ihn beim Aufwachsen begleiten, einen tollen Menschen aus ihm machen.

Ehrlicherweise, um meinen Job danach hab ich mir zu dem Zeitpunkt – gerade während der Kinderwunschbehandlung, wo man ganz andere Sorgen hat – nicht wirklich Gedanken gemacht. Klar, schon, kann ich mir das Leben danach leisten. Also, würde ich uns irgendwie durchkriegen, aber ehrlicherweise doch noch nicht über konkrete Arbeitszeiten.

Ich muss auch sagen, dass solche Fragen tendenziell aus der Ecke des traditionellen Familienkonstrukts kommen. Das heißt, es gibt irgendwie Vater, Mutter, Kind, zwei Kinder, drei Kinder? Ich weiß nicht wie viele, denn in diesem Konstrukt ist es ja tatsächlich eigentlich fast immer noch so, dass die Care-Arbeit, dieses sich Kümmern, überwiegend von Frauen gemacht wird.

Wenn die Frau nicht voll arbeiten muss und es dafür sogar noch eine Steuererleichterung gibt, dann hat sie natürlich auch mehr Zeit für die Kinder.

Wenn man sich jetzt für den Weg entscheidet, muss man sich natürlich Gedanken darüber machen, wie man das zukünftige Leben finanzieren will. Und da darf man einfach nicht vergessen, dass man als Solomutter nicht nur den normalen Lebensunterhalt bestreitet, sondern auch solche Aspekte wie private Altersvorsorge, weil es eben keinen Mann gibt, der vielleicht noch irgendwo mit einzahlt.

Hinzu kommt  das ist für mich zum Beispiel auch ein ganz, ganz wichtiger Faktor – ich möchte meinem Kind auch wirklich ein erfülltes und reiches Leben bieten können. Ich möchte auch im Alltag nicht jeden Cent umdrehen müssen. Ich möchte mit ihm Eisessen gehen, wenn wir Lust drauf haben. Ich möchte ihm tolle Geschenke zum Geburtstag machen können. Ich möchte auch nicht über jeden Eintrittspreis nachdenken. Und klar, um solche Sachen machen zu können, muss ich als Solomama natürlich arbeiten gehen.

Ich habe tatsächlich in Teilzeit angefangen, um erst mal wieder reinzukommen. Klar, nach einem Jahr Elternzeit. Es ist auch irgendwie nicht so ganz easy, dann irgendwie gleich wieder auf Vollzeit zu gehen, einfach wieder geistig voll da zu sein.

Aber ich habe letztendlich festgestellt, dass mein Job in Teilzeit nicht geht. Ich hatte nämlich eigentlich dieselbe Arbeit in weniger Zeit für weniger Geld, und das habe ich ehrlicherweise nicht so richtig eingesehen. Jetzt ist ein Wechsel bei mir nicht so ganz einfach.

Aber natürlich würde ich meinen Sohn gern länger sehen, und natürlich habe ich auch ein schlechtes Gewissen, wenn ich ihn als einen der letzten in der Kita abhole. Es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, die Situation ist jetzt toll, so wie sie ist.

Wenn sich da eine Möglichkeit ergeben würde, weniger zu arbeiten, mit für mich nicht allzu großen finanziellen Verlusten, würde ich es machen. Und, das muss ich auch sagen, ist das tatsächlich gerade so ein bisschen ein Thema, was mir unter den Nägeln brennt. Ich würde gern etwas ändern. Und wie gesagt, ich achte irgendwie besser auf die Reihe zu kriegen.

Wo wir jetzt schon bei kritischen Themen sind, noch ein weiteres Thema was in die Richtung geht und wo sich auch einige Leute einmischen, obwohl sie damit eigentlich überhaupt gar nichts am Hut haben. Und zwar  ist das das Thema Fremdbetreuung.

Jetzt könnte man natürlich sagen Du wolltest doch gerne ein Kind haben. Wieso lässt du dein Kind fremdbetreuen, wieso geht dein Kind in die Kita? Was sagst du denjenigen, die dir so eine Frage stellen würden?

Ja, das geht ja so ein bisschen in die Richtung der Frage von eben. Allerdings – ich hoffe, jetzt trete ich niemandem zu nahe – nutzen diese Abwandlung der Frage, meiner Meinung nach vor allem Mamas untereinander gerne, um anderen schlechtes Gewissen zu machen.

Aber wie gesagt, ist vielleicht auch einfach nur persönliches Empfinden. Getroffene Hunde bellen ja meist auch.

Konkreter an meiner Situation. Ich habe meinen Sohn mit gut einem Jahr in die Kita gegeben. Das heißt, die Eingewöhnung fand statt da war er gerade mal ein Jahr und einen Monat alt. Ich muss auch sagen, es hat mir wirklich das Herz gebrochen. Ich fand es ganz, ganz, ganz, ganz, ganz, ganz mega schlimm, dass die Elternzeit vorbei ist und wir uns trennen müssen.

Ich habe wirklich immer gedacht, dass es dieses eine Jahr, wo wir uns uns gegenseitig haben, wirklich ungestört, ohne äußere Einflüsse einfach miteinander Zeit verbringen können. Das ist jetzt vorbei, und es wird nie wieder zurückkommen. Und ich hatte auch wirklich ein echt mega schlechtes Gewissen.

Es war da natürlich ehrlicherweise auch nicht ganz einfach mit der Eingewöhnung. Es hat ganze sechs Wochen gedauert, und wir waren am Freitag fertig, und Montag bin ich wieder arbeiten gegangen. Ich war echt ein Wrack, kann ich dir sagen, es war wirklich Horror.

Aber natürlich spüren Kinder auch wenn man mal nicht loslassen kann. Deswegen war das zumindest teilweise auch ein hausgemachtes Problem. Dementsprechend war es natürlich auch nicht einfach in der ersten Zeit mit dem Bringen und Abholen. Das war schon schwierig. Es gab viele Tränen auf beiden Seiten. Ich bin auch echt oft heulend aus der Kita rausgegangen.

Aber ich hatte wirklich immer die Rückversicherung der Erzieher, dass tagsüber alles gut läuft. Und natürlich ist es auch so, dass sich das im Lauf der Zeit immer weiter entspannt hat. Und mein Sohn ist wirklich so ein fröhlicher kleiner Kerl, der geht  so gerne in die Kita.

Deswegen finde ich es schon auch noch einmal wichtig zu betonen sein Kind in die Krippe oder in die Kita geben. Das klingt halt so negativ. Aber Krippen sind ja keine Kinderaufbewahrungseinrichtungen. Das ist ja normalerweise eine Einrichtung, in der sich wirklich super liebevoll ums Kind gekümmert wird, wo es aber gleichzeitig auch entsprechend seines Alters gefördert und gefordert wird.

Auch da noch mal aus eigener Erfahrung. Ich war super überrascht, als mein Sohn jetzt vor paar Wochen anfing, sich sein Brot selber zu schmieren. Und vor kurzem hat er doch tatsächlich mit Messer und Gabel in der Kita gegessen. Eigentlich echt super. Aber in der Kita sind die eben Profis, die wissen, was das Kind theoretisch alles kann, und bieten darüber hinaus ja sowieso den ganzen Tag noch ein abwechslungsreiches Programm.

Das könnte ich tatsächlich zuhause selber gar nicht. Ganz wichtig, und das darf man auch nicht vergessen, er hat dort soziale Kontakte zu anderen Kindern. Klar, kann man als Mutter zuhause. Man hat irgendwie noch Zuhauses mit dem Kind, auch um die Freundschaft mit anderen Müttern pflegen oder Kurse besuchen oder was auch immer.

Aber in der Kita sortieren sich die Kids ja den ganzen Tag irgendwie in dieses soziale Gefüge ein. Sie lernen, aufeinander Rücksicht zu nehmen, sich zu helfen, auch mal zurückzustecken. Ja, manchmal weinen sie auch, ohne dass sofort jemand kommt – also nicht so wie ich als überbesorgte Mutter –, weil es eben einfach noch fünf andere Kinder gibt, die betreut werden müssen. Ich meine, das ist auch irgendwie ein Aspekt, der nicht zu vernachlässigen ist. Meiner Meinung nach überwiegen die Vorteile einer Krippen- und Kinderbetreuung tatsächlich deutlich der Betreuung zuhause.

Und deswegen muss ich ganz ehrlich sagen, dieses Argument, ich habe mein Kind nicht bekommen oder ich bin nicht Mutter geworden, um mein Kind dann wieder in die Kita zu schicken. Das finde ich so ein bisschen an den Haaren herbeigezogen. Ja, ich habe solche Gedanken auch. Ist das jetzt alles richtig? Ist es zu lange oder nicht? Aber wenn ich sehe, was für ein fröhlicher kleiner Kerl mein Sohn ist, muss ich sagen: Das ist, glaube ich, alles ok.

Ich hab dein Sohn ja auch kennengelernt,

und ich finde, du hast wirklich alles richtig gemacht. Danke für dieses Gespräch, wo wir auch mal ein paar kritische Themen beleuchtet haben, gerade zum Thema Egoismus. Das ist ein Thema, was ganz viele Frauen in der Findungsphase immer mal wieder beschäftigt.

Und auch ein Punkt, über den ich mir im Vorfeld auch Gedanken gemacht habe: Kann ich eigentlich mein Kind in die Kita stecken, wenn ich selber so unbedingt ein Kind haben wollte? Ich habe das am Anfang auch so ein bisschen als abschieben verstanden, bis ich gemerkt habe – da geht es mir ganz genauso wie dir – es ist für meinen Sohn eine unglaubliche Bereicherung, dass er andere Kinder kennenlernt. Dass er mit anderen Kindern spielt, mit Gleichaltrigen spielt und eben nicht nur immer seine Mama hat, die sonst den ganzen Tag für ihn da ist.

Das ist ein Punkt, der mich am Anfang sehr beschäftigt hat.

Und vielleicht ist da ja die eine oder andere Frau, die sich auch darüber Gedanken gemacht hat. Darf ich mein Kind überhaupt in die Kita geben, wenn ich so viel dafür getan habe, dass ich Mutter werde? Oder darf ich – in Anführungsstrichen – überhaupt arbeiten und vor allen Dingen auch in Vollzeit arbeiten, obwohl ich mein Kind dann vielleicht deutlich weniger sehe?

Ich finde, du hast da sehr gute Punkte angesprochen, die bestimmt für die ein oder andere Frau eine Hilfe sein können.

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(Letztes Update 22. März 2023)

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