Wie das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Herbst 2020 meldete, ist unter den 20- bis 50-jährigen Deutschen jede zehnte Person ungewollt kinderlos. Die Ursachen für dieses Problem in unserer Gesellschaft sind ganz individuell.

Die Online-Arztpraxis Zava hat 608 Frauen zu ihren persönlichen Gründen befragt. 19 Prozent gaben beispielsweise an, ihnen fehle der richtige Partner, um eine Familie zu gründen.

Doch worin der Grund für die ungewollte Kinderlosigkeit auch bestehen mag, auf der Suche nach einer Lösung stoßen fast alle Betroffenen früher oder später auf die Frage: Welche Alternativen gibt es, abgesehen vom herkömmlichen Weg, Kinder zu bekommen?

Für eine repräsentative Zava-Studie wurden 1.004 Frauen befragt, ob sie sich vorstellen könnten, mithilfe einer modernen medizinischen Methode schwanger zu werden. Mehr als jede vierte Frau gab dabei an, eine künstliche Befruchtung in Erwägung zu ziehen.

Doch was steckt eigentlich dahinter und welche Methoden stehen Frauen in Deutschland zur Verfügung?

Zava Studie Reproduktionmedizin schwanger werden Statistik
(Quelle: https://www.zavamed.com/de/zava-studie-kuenstliche-befruchtung.html)

Künstliche Befruchtung: Wie ist die Rechtslage in Deutschland?

Dass sich immer mehr Menschen für künstliche Befruchtung interessieren, sorgt für ein steigendes Interesse im medizinischen und wissenschaftlichen Bereich.

So werden immer mehr neue Methoden erforscht und bereits bestehende optimiert. Das in Deutschland verfügbare Angebot deckt dabei nur einen Bruchteil des medizinisch Möglichen ab. Grund dafür ist vor allem die Gesetzeslage in der Bunderepublik. Diese schließt nach aktuellem Stand einige Methoden grundsätzlich aus.

Folgende Methoden sind in Deutschland gesetzlich erlaubt:

  • Übertragung von Samen (Samenspenden erlaubt)
  • In-vitro-Fertilisation (IVF) und die intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) durch speziell ausgebildete ÄrztInnen
  • Übertragung von bis zu 3 befruchteten Eizellen oder Embryonen in einem Zyklus
  • Einfrieren (Kryokonservierung) von Eizellen im Vorkernstadium
  • Übertragung von Samen eines Spenders (heterologe oder donogene Insemination) nur nach ärztlicher und juristischer Beratung unter bestimmten Voraussetzungen
  • Präimplantationsdiagnostik nach ausführlicher medizinischer und psychosozialer Beratung sowie nach Zustimmung einer Ethikkommission
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Wiederum in Deutschland verboten sind:

  • Verwendung fremder Eizellen (Eizellspende)
“Insbesondere hinsichtlich der Eizellspende wächst die Nachfrage stetig. Weil diese in Deutschland verboten ist, lassen sich viele Menschen im Ausland behandeln; es entsteht der so genannte Befruchtungstourismus. Das deutsche Verbot der Eizellspende ist jedoch nicht mehr zeitgemäß. Die Samenzellenspende wird hierzulande bereits seit Jahrzehnten anerkannt. Ein sachlicher Grund, der diese Ungleichbehandlung rechtfertigen könnte, ist nicht ersichtlich.” (Quelle)
  • Leihmutterschaft
“Insbesondere für schwule Paare ist Leihmutter­schaft der einzige Weg, um sich den Wunsch nach einem genetisch eigenen Kind zu erfüllen. Zunehmend werden daher auch von deutschen Paaren Leihmutterschaften im Ausland in Anspruch genommen. (…) Kann eine Elternschaft zu dem im Ausland geborenen Kind nicht rechtlich begründet werden, besteht die Gefahr, dass das Kind nicht zu den deutschen „Wunscheltern“ einreisen darf. Möchte auch die ausländische Leihmutter das Kind nicht behalten, so droht das Kind ins Heim gegeben zu werden. Letztlich wäre das Kind Leidtragender. In seinem Interesse sind daher rechtliche Regelungen zu schaffen.” (Quelle)
  • Experimente an Embryonen (einschließlich Klonen)
Hier zu steht im Embryonenschutzgesetz (ESchG): “Wer künstlich bewirkt, daß [sic!] ein menschlicher Embryo mit der gleichen Erbinformation wie ein anderer Embryo, ein Foetus, ein Mensch oder ein Verstorbener entsteht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.” (Quelle)
  • Geschlechterauswahl bei Spermien (außer bei schwerwiegenden geschlechtsgebundenen Erbkrankheiten)
Hier zu steht im Embryonenschutzgesetz (ESchG): “Wer es unternimmt, eine menschliche Eizelle mit einer Samenzelle künstlich zu befruchten, die nach dem in ihr enthaltenen Geschlechtschromosom ausgewählt worden ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. Dies gilt nicht, wenn die Auswahl der Samenzelle durch einen Arzt dazu dient, das Kind vor der Erkrankung an einer Muskeldystrophie vom Typ Duchenne oder einer ähnlich schwerwiegenden geschlechtsgebundenen Erbkrankheit zu bewahren, und die dem Kind drohende Erkrankung von der nach Landesrecht zuständigen Stelle als entsprechend schwerwiegend anerkannt worden ist.” (Quelle)
  • Verwendung von Samen Verstorbener
Das Embryonenschutzgesetz von 1991 verbietet eine Samenspende nach dem Tod. Das gilt auch für Samen, der zu Lebzeiten gespendet wurde. Mit dieser Begründung hat das Oberlandesgericht München 2017 die Klage einer 35 Jahre alten Witwe auf Herausgabe der Samen ihres verstorbenen Mannes abgewiesen (Az. 3 U 4080/16). Auch eine bereits befruchtete und eingelagerte Eizelle darf nach dem Tod des Samenspenders nicht genutzt werden, urteilte das Landgericht Darmstadt 2019 (Az. 8 O 166/18). Doch dieses Gesetz ist nicht mehr zeitgemäß und muss überarbeitet werden, fordert die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina. (Quelle)
Ist das Embryonenschutzgesetz (ESchG) noch zeitgemäß?
Hier möchte ich gerne den Familienplanungsrundbrief von profamilia aus dem Jahr 2017 zitieren: “Das Embryonenschutzgesetz (ESchG) – das Gesetz, welches das Recht der Reproduktionsmedizin bis heute maßgeblich bestimmt – stammt aus dem Jahr 1990 und berücksichtigt daher weder den medizinischen Fortschritt noch die heutigen gesellschaftlichen Wertanschauungen und Bedürf­nisse. Der Gesetzgeber darf sich seiner legis­lativen Verantwortung nicht länger entziehen. Er ist in der Pflicht, ein umfassendes und vor allem zeitgemäßes Fortpflanzungsmedizingesetz zu schaffen.”

Viele ungewollt kinderlose Frauen oder auch Paare erwägen daher, ins Ausland zu reisen, um beispielsweise eine Leihmutter in Großbritannien, Griechenland oder Georgien zu finden. Hierfür fallen jedoch nicht nur hohe Kosten an, es kann auch zu enormen psychischen Belastungen sowie rechtlichen Konsequenzen führen. Das deutsche Recht sieht nur jene Frau als Kindesmutter an, die es geboren hat. Wessen Eizelle verwendet wurde, spielt laut Auswärtigem Amt keine Rolle.

Auch die Kosten von in Deutschland zugelassenen Methoden können sich auf hohe vier- bis fünfstellige Beträge belaufen. Das ist unter anderem abhängig davon, welche Methode gewählt wird, um schwanger zu werden und wie viele Versuche eine Frau braucht, um ein Kind zu bekommen. Das wiederum hängt von verschiedenen Faktoren ab, unter anderem mit dem biologischen Alter der Frau.

Doch auch im Bereich der künstlichen Befruchtung sind Gesetzesänderungen bei wachsenden Erfahrungswerten und zunehmender Verbesserung in Methoden und Möglichkeiten nicht auszuschließen.

Es bleibt also abzuwarten, wie Ethikkommissionen entsprechende Anträge in den kommenden Jahren bewerten werden.

Dieser unbezahlte Gastbeitrag wurde mir netterweise von Laura Höntsch (Agentur Peak Ace) zur Verfügung gestellt.


(Letztes Update 26. September 2023)

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